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Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) engagiert sich auch auf europäischer Ebene für die Agrarforschung. Dank der Mitarbeit in verschiedenen Netzwerken und Kommissionen ist das BLW über Themen der weltweiten Agrarforschung auf dem Laufenden.Dadurch kann es Synergien nutzen und Redundanzen verhindern. Ausserdem können sich Schweizer Forschungsgruppen und KMU dank der Instrumente, die dem BLW zur Unterstützung der Agrarforschung zur Verfügung stehen, an europäischen Projekten beteiligen.

Netzwerke und Kommissionen

Aufgrund ihrer geografischen Lage weist die Schweiz ähnliche Systeme und Schwierigkeiten auf wie ihre Nachbarn. Wenn wir die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse und technologischen Fortschritte ausserhalb der Schweizer Grenze kennen, können wir Kräfte bündeln, doppelte Finanzierungen der Forschung vermeiden und innovativ auftreten. Aus diesen Gründen gehört das BLW verschiedenen Netzwerken an, wie beispielsweise dem OECD-CRP (Organisation for Economic Co-operation and Development, Co-operative Research Programme), dem TempAG (International Sustainable Temperate Agriculture Network) sowie verschiedenen ERA-NET (European Research Area-NETwork).

Parallel dazu gehört das BLW verschiedenen Beratergruppen an, die in direktem Kontakt mit der Europäischen Kommission stehen. Ausserdem steht das BLW als Experte des Planungsausschusses zum Societal Challenge 2 (SC2) Ernährungs- und Lebensmittelsicherheit, nachhaltige Landwirtschaft, marine und maritime Forschung und Bioökonomie (einer der Europäischen Kommission zugehörigen Beratergruppe) dem SBFI (Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation) beratend zur Seite. Das BLW gehört ausserdem dem ständigen Agrarforschungsausschuss (Standing Committee on Agricultural Research, SCAR) an, einer von der Europäischen Kommission unabhängigen Beratergruppe.

Durch die aktive Mitarbeit in diesen Kommissionen und Arbeitsgruppen können die Schwerpunktthemen der Schweizer Agrarforschung in den Forschungsrahmenprogrammen (FRP) vorangetrieben werden.Weil das aktuelle FRP, Horizont 2020 (FRP 8; 2014 – 2020), das grösste Forschungs- und Innovationsförderprogramm in Europa ist (Gesamtbudget von 75 Mia. Euro für 7 Jahre, davon 3,9 Mia. Euro für landwirtschaftliche Themen), ist es wichtig, bei der Erstellung des Arbeitsprogramms mitzuwirken, damit die schweizerischen Prioritäten vertreten sind.

Mitwirkung in der europäischen Forschung

Heutzutage beruht Spitzenforschung auf internationaler Zusammenarbeit. Dadurch können Wissen, Hilfsmittel, Erfahrungen und Daten ausgetauscht werden, um zur Steigerung der Wertschöpfung Synergien zu schaffen und Kräfte zu bündeln. Durch die Beteiligung an Horizon 2020 ist es der Schweiz möglich, mit den besten Instituten und KMU in Europa zusammenzuarbeiten. Aus landwirtschaftlicher Sicht ist internationale Zusammenarbeit sinnvoll, weil die Diversität der Proben (Proben aus verschiedensten Ländern und Ökosystemen) und dadurch die Verlässlichkeit der Ergebnisse erhöht werden können, aber auch, um von den Kenntnissen anderer Forschenden zu profitieren. Sollte zum Beispiel in Europa die Pest ausbrechen, würde es die internationale Zusammenarbeit ermöglichen, Massnahmen zu erarbeiten, von den Erfahrungen der bereits betroffenen Länder zu profitieren, die Forschungstätigkeiten zur erfolgreichen Bekämpfung dieser Plage aufeinander abzustimmen und effizient zu gestalten, die erarbeiteten Massnahmen umzusetzen sowie die noch nicht betroffenen Länder in Kenntnis zu setzen. Ausserdem kann durch die Zusammenarbeit und das bereits bestehende Netzwerk sichergestellt werden, dass die Reaktionszeit verkürzt und das Problem schneller angegangen wird. Um diese Zusammenarbeit zu erleichtern und von den Vorteilen zu profitieren, beteiligt sich das BLW an verschiedenen europäischen Co‑Finanzierungsinstrumenten wie zum Beispiel an den ERA-NET und am EJP (European Joint Programming).

Mehrwert aus der Beteiligung an europäischen Projekten

In der Folge werden drei Projekte aus dem Bereich Bio-Landbau beschrieben. Daran beteiligt waren Schweizer Akteure, die vom BLW finanziell unterstützt wurden. Nach der allgemeinen Beschreibung der Projekte wird jeweils kurz ausgeführt, inwiefern die Schweiz beteiligt war und welcher Mehrwert durch die internationale Zusammenarbeit geschaffen werden konnte.

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TitelFertility building management measures in organic cropping systems (FertilCrop)
GesamtkoordinationFiBL (Forschungsinstitut für biologischen Landbau)
Anzahl Forschungspartner/Länder20 / 13
Schweizer PartnerFiBL
Dauer1.1.2015 – 31.3.2018
Totalkosten des Projekts2 325 600 Franken
Totalkosten der Schweizer Beteiligung164 640 Franken
Beitrag des BLW123 240 Franken


Am Projekt FertilCrop beteiligten sich Länder von Spanien bis zu den baltischen Staaten, von Italien bis Norwegen. Es deckt verschiedene geoklimatische Gebiete sowie die verschiedensten Produktionssysteme ab. Die Situation bezüglich pflanzlicher Produktion, Fertilität und Bodenqualität ist von Land zu Land unterschiedlich. Die Erfahrungen, die mit einem Produktionssystem in einem Land gemacht wurden, können auch einem anderen Land von Nutzen sein. Deshalb ist die transnationale Zusammenarbeit nützlich, um Informationen über Techniken und Verfahren auszutauschen, insbesondere was das Management der Bodenfruchtbarkeit und die Instrumente betrifft, die die Landwirte darin unterstützen, Untersuchungsergebnisse zu evaluieren. Landwirte entwickeln ihre Bewirtschaftungsmethoden oft auf der Grundlage von Erfahrungen und lassen sich von dem inspirieren, was andere Landwirte tun. Ein transnationales Projekt wie FertilCrop bringt Menschen und ihre Erfahrungen über Grenzen hinweg zusammen. FertilCrop verwertete bestehende Felderfahrungen und sammelte Informationen, die in den Partnerländern verfügbar waren, um sie allen Partnerländern durch Workshops und die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen zur Verfügung zu stellen. Um die Vergleichbarkeit der Ergebnisse zwischen den Ländern zu gewährleisten, ist es notwendig, die angewandten Methoden zu standardisieren. So hat FertilCrop unter anderem das im Rahmen des Projekts TILMAN-ORG entwickelte Methodenhandbuch um die von FertilCrop verwendeten Methoden erweitert. Dieses Handbuch wurde zahlreichen anderen Gremien zur Verfügung gestellt. Ausserdem konnten Synergien mit den europäischen Projekten iSQAPER und OKnet arable geschaffen werden. Diese drei Projekte konnten ihre Kapazitäten zur gemeinsamen Arbeit an Methoden, Videos und technischen Unterlagen bündeln. Die auf ganz Europa verteilten Infrastrukturen für Labors und Feldversuche könnten von allen EU-Ländern genutzt werden, wodurch den einzelnen Partnern ein zusätzlicher Nutzen entstehen würde.

Das FiBL leitete das FertilCrop-Projekt als Gesamtkoordinator und kümmerte sich um die Veröffentlichung der Ergebnisse. Ausserdem war es dank seiner Expertise im Bereich Bodenmikrobiologie für Experimente bezüglich Interaktion zwischen Pflanzen und Mikroben verantwortlich und arbeitete an der Entwicklung von Werkzeugen für Landwirte mit.
 

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TitelIn Richtung eines präventiven Gesundheitsmanagements für heimische Zweinutzungsrinder in ökologischen Weideproduktionssystemen mittels neuartiger Zuchtstrategien auf Basis von innovativen Datenerfassungssystemen (2-ORG-COWS)
GesamtkoordinationUniversität Kassel, Deutschland
Anzahl Forschungspartner/Länder9 / 9
Schweizer PartnerQualitas AG
Dauer1.4.2015 – 30.6.2018
Totalkosten des Projekts1 617 000 Franken
Totalkosten der Schweizer Beteiligung229 080 Franken
Beitrag des BLW168 000 Franken


Das transnationale Projekt 2-ORG-COWS hat die Grundlage geschaffen, um die Erfassung von Merkmalen einheimischer Zweinutzungsrinder (Milch/Fleisch) über Grenzen hinweg, d. h. auf europäischer Ebene, zu harmonisieren. Im Rahmen des Projekts wurde die sogenannte SensOor®-Technologie eingesetzt, um objektive Längsschnittdaten zu Gesundheits- und Tierwohlmerkmalen zu sammeln. Alle teilnehmenden Länder arbeiteten mit Versuchsherden von Zweinutzungsrindern, die entweder den Forschungsinstitutionen selber gehörten und oder die ihnen vertraglich zur Verfügung gestellt wurden. Im ersten Projektjahr wurde an deren Ohrmarken ein SensOor®-Chip befestigt. Dies war ein wesentlicher Schritt zur Erfassung relevanter Indikatormerkmale bezüglich Gesundheit, Wohlbefinden, Langlebigkeit sowie Fruchtbarkeit der weiblichen Rinder. Die verschiedenen Projektpartner analysierten auf Grundlage ihrer Beobachtungen die Zusammenhänge zwischen funktionalen Merkmalen und SensOor®-Merkmalen. Damit die Erfassung der relevanten Indikatormerkmale überall auf die gleiche Weise erfolgte, wurde der Leitfaden «Trait Atlas» zusammengestellt. Der Trait Atlas ist ein Leitfaden mit klaren Empfehlungen zur Erfassung und Bewertung von Funktionsmerkmalen von Zweinutzungsrindern. In gleicher Weise wurden die wichtigsten Umweltdeskriptoren für Zweinutzungsrinder erfasst und zur Schätzung genetischer Parameter «über die Ländergrenzen hinweg» herangezogen. Dazu bestimmten die beteiligten Partner mithilfe eines Herbometers die Aufwuchshöhe oder erfassten detaillierte Wetterdaten. Die angewandte Methode des «borderless clustering» macht es möglich, die Zuchtwertschätzung von Zweinutzungsbullen in Bezug auf spezifische Merkmale des jeweiligen Produktionssystems (Herdengrösse, Höhenlage des Betriebs, Temperatur, Luftfeuchtigkeit) vorzunehmen. Es handelt sich dabei um eine Ausweitung der bisher auf die Holstein-Rasse angewandten Schätzungsmethoden, die bis anhin auf streng nach Ländergrenzen ausgerichteten Mehrmerkmals-Tiermodellen beruht hatten. Darüber hinaus wurden Herdeninzucht und genetische Beziehungen bei der Datenschichtung berücksichtigt. Infolgedessen ist es möglich, für bestimmte genetische und genomische Herdenzusammensetzungen spezifische Bullen vorzuschlagen. Dadurch können die Anpaarungsprogramme optimiert werden, um die genetische Vielfalt langfristig sicherzustellen und gleichzeitig den genetischen Gewinn zu maximieren. Die in allen Ländern auf gleiche Weise erfolgte Erfassung der SensOor®-Merkmale diente ausserdem als Ausgangspunkt für genomweite Assoziationsstudien (GWAS) unter Berücksichtigung mehrerer Rassen. Parallel dazu genotypisierten verschiedene Partner ihre SensOor®-Kühe.

Der Schweizer Partner Qualitas AG war für die Schätzung der genetischen Parameter zuständig und beteiligte sich an der Entwicklung von Leitlinien zum Thema Fruchtbarkeitsmerkmale, an Arbeiten zum Vergleich von Rassen, an der Identifizierung von Rassemerkmalen im Hinblick auf spezifische Nutzungen und nicht zuletzt an der Weitergabe und Einführung betriebsgerechter Züchtungsstrategien.

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TitelTackling the parasitological challenges in organic ruminant farming practices (PrOPara)
GesamtkoordinationScotland’s Rural College, Vereinigtes Königreich
Anzahl Forschungspartner/Länder9 / 8
Schweizer PartnerFiBL
Dauer2.3.2015 – 31.5.2018
Totalkosten des Projekts1 509 960 Franken
Totalkosten der Schweizer Beteiligung235 200 Franken
Beitrag des BLW176 280 Franken


Dieses Projekt basiert auf einer breit abgestützten Partnerschaft mit Organisationen aus einer Vielzahl von EU-Mitgliedstaaten. Es trug dazu bei, eine strategische Allianz zwischen den wichtigsten Wissenschaftlern im Bereich der Parasitenbekämpfung in Europa zu bilden, und vereinfachte massgeblich die Veröffentlichung und Vereinheitlichung von Forschungsergebnissen im Bereich biologische Wiederkäuerhaltung in der gesamten EU. Diese transnationale Partnerschaft ermöglichte auch die Ausarbeitung allgemeiner Empfehlungen zur Parasitenbekämpfung für die biologische Wiederkäuerhaltung in der EU. Dank der transnationalen Zusammenarbeit konnte ein paneuropäischer Fragebogen erstellt werden, der für alle beteiligten Länder vergleichbare Fragen beinhaltet, wodurch die vorhandenen Methoden zur Kontrolle von Magen-Darm-Nematoden verglichen werden können. Ausserdem wird es dadurch möglich, Meinungen und wissenschaftlichen Aspekte bezüglich der beiden sich unterscheidenden Produktionssysteme Schaffleisch- und Ziegenfleischproduktion auf die gleiche Art und Weise zu evaluieren. Die Methoden zur Diagnose von Leberegelbefall bei Rindern und der in vier Ländern verwendete Leberegel-Fragebogen wurden durch die transnationale Zusammenarbeit ebenfalls stark verbessert.

Im Rahmen des Projekts zeichnete sich das FiBL für die Evaluierung der wirtschaftlichen Auswirkungen verantwortlich. Ausserdem untersuchte es, wie die im Verlaufe des Projekts getesteten und evaluierten Ansätze von den Landwirten beurteilt wurden. Nicht zuletzt trug das FiBL, wie die anderen Projektpartner ebenso, dazu bei, die Forschungsergebnisse in den wirtschaftlichen, akademischen und landwirtschaftlichen Kreisen bekannt zu machen.

Astrid Willener, BLW, Fachbereich Forschung, Innovation und Evaluation, astrid.willener@blw.admin.ch

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