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Ausblick auf die 12. Ministerkonferenz

Nach längeren analytischen Vorarbeiten bis im Sommer 2019 konzentrierten sich die Arbeiten in der Welthandelsorganisation (WTO) im zweiten Halbjahr 2019 auf die Vorbereitung der 12. Ministerkonferenz, welche im Juni 2020 in Nursultan (Kasachstan) stattfinden wird. Die Ministerkonferenz, das höchste Entscheidungsorgan der Welthandelsorganisation (WTO), tagt in der Regel alle zwei Jahre. An der vergangenen Ministerkonferenz in Buenos Aires konnte im Agrarbereich weder eine gemeinsame Ministererklärung noch ein vollumfängliches Arbeitsprogramm verabschiedet werden. Trotzdem unterstützen die Mitglieder das multilaterale System weiterhin und es besteht ein grundsätzlicher Konsens, dass die Gespräche weitergeführt werden müssen. Seit längerem zeichnet sich jedoch ab, dass die Doha-Runde als Gesamtpaket nicht abgeschlossen werden kann. Es ist daher schwierig abzuschätzen, in welche Richtung die Verhandlungen in Zukunft gehen werden. Es muss damit gerechnet werden, dass vermehrt einzelne der Kern-Doha-Themen oder neue Themen im Rahmen von kleineren Paketen aufgegriffen und behandelt werden.

Der Agrarbereich stellt für viele Mitglieder weiterhin das wichtigste Dossier der WTO dar. Innerhalb des Agrardossiers ist es vor allem die Inlandstützung, die als grösster verbleibender Bereich handelsverzerrender Massnahmen kritisiert wird. Dementsprechend ist eine stärkere Disziplinierung dieses Pfeilers des Agrarabkommens für viele Mitglieder Priorität. Es bleibt jedoch schwierig, die unterschiedlichen Ausgangslagen und Bedürfnisse der WTO-Mitglieder in ein ausgewogenes Resultat zu verarbeiten. Neben der Inlandstützung liegt auch wieder Interesse zu Verhandlungen im Marktzugang vor. Die Verhandlungen in den Bereichen der staatlichen Lagerhaltung zwecks Ernährungssicherheit und des speziellen Schutzmechanismus für sensible Produkte der Entwicklungsländer (Special Safeguard Mechanism, SSM), kommen hingegen nur sehr langsam voran. Beide Themen sind Kernthemen für die Entwicklungsländer und das Ausbleiben von substanziellen Fortschritten in den Diskussionen kann unter anderem mit der Haltung der USA gegenüber dem Status von Entwicklungsländern in der WTO erklärt werden. Die USA weigern sich, Entwicklungsländer weiterhin als homogene Gruppe anzusehen, da die spezielle und differenzierte Sonderbehandlung (special and differential treatment) aufgrund des realen Entwicklungsstatus nicht mehr in allen Fällen angebracht sei. Bis jetzt kam es in diesen Bereichen noch zu keinen substanziellen Lösungsvorschlägen. Allerdings betonen viele Mitglieder wie wichtig Fortschritte in diesen Dossiers wären.

Als kleines Land hat die Schweiz ein Interesse am Erhalt der WTO als multilaterales Regelwerk, das volkswirtschaftlich äusserst relevant ist. Trotzdem ist es wichtig, dass die Verhandlungen ausgewogen voranschreiten weshalb die Schweiz sich dafür einsetzt, dass ihre Interessen in den Landwirtschaftsverhandlungen – wie die weitere Anerkennung der Direktzahlungen, eine Disziplinierung der Exportrestriktionen und im Rahmen der Verhandlungen unter dem TRIPS-Abkommen auch ein verbesserter Schutz von geographischen Herkunftsangaben – Teil der Diskussionen bleiben. Nach der Abschaffung aller Exportsubventionen ist es für die Schweiz ausserdem von zentraler Bedeutung, dass die verbleibenden Themen im Exportwettbewerb (z.B. Exportkredite, exportierende Staatshandelsunternehmen) gleichermassen diszipliniert werden.

Umsetzung und Monitoring von Ministerbeschlüssen

Im Dezember 2015 wurde anlässlich der 10. Ministerkonferenz von Nairobi die Abschaffung aller Exportsubventionen im Agrarbereich beschlossen. Den betroffenen Mitgliedern dieses Beschlusses wurde eine Übergangsfrist von fünf Jahren gewährt. Die Schweiz ist ihren Verpflichtungen bereits nachgekommen und hat den parlamentarischen Prozess abgeschlossen und die nationale Umsetzung des Beschlusses auf Anfang 2019 sichergestellt. Mittlerweile haben fast alle der betroffenen Länder eine revidierte Verpflichtungsliste innerhalb der WTO zirkulieren lassen oder haben die Absicht bekannt gegeben, dies bald zu tun.

Zudem hat das Agrarkomitee die Arbeiten zur Überprüfung des WTO-Ministerbeschlusses von 2013 von Bali über die Regeln zur Verwaltung der Zollkontingente aufgenommen, wie es die Minister in diesem Beschluss vorgesehen haben. Zur Diskussion steht die Kontingentsverwaltung bei nicht aufgefüllten Kontingenten und die diesbezüglichen Transparenz- und Administrationsanforderungen.

Streitbeilegung

Trotz der anhaltenden Kritik an der WTO-Streitbeilegung und intensiven Diskussionen über mögliche Verbesserungen des Systems, nutzen die WTO-Mitglieder den Mechanismus weiterhin rege. Im 2019 kam es zu einem Streitfall, der für die Schweiz von agrarpolitischer Bedeutung ist. Hintergrund sind die Antidumping- und Ausgleichszölle, welche die USA auf die Importe von spanischen Oliven erheben, die ihrer Meinung nach übermässig subventioniert sind. Die EU beurteilt diese Ausgleichszölle als WTO-widrig und hat deshalb den Streitbeilegungsmechanismus einberufen. Sie behauptet insbesondere, dass es sich nicht um eine Subvention im Sinne vom WTO-Subventionsabkommen handelt, welche zu Ausgleichszöllen führen könne. Bei den betreffenden Subventionen handelt es sich um Flächenbeiträge aus der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU, die in die sogenannte nichthandelsverzerrende «Green Box» fallen und daher als nicht handelsverzerrend gelten. Auch die Schweizer Agrarpolitik beruht in hohem Masse auf der Auszahlung von Beiträgen aus derselben Green Box. Sie hat daher entschieden, diesen Fall als Drittpartei zu begleiten.

Michèle Däppen, BLW, Fachbereich Handelsbeziehungen, michele.daeppen@blw.admin.ch

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