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Das Programm für nachhaltige Ernährungssysteme wurde ab dem Jahr 2011 in einem gemeinsamen Prozess von FAO und UNEP entwickelt. Die Schweiz hat dies von Anfang an begleitet und aktiv unterstützt. Basierend auf diesen Vorarbeiten konnte im Oktober 2015 schliesslich ein globales Multi-Stakeholder Programm für nachhaltige Ernährungssysteme (engl. Sustainable Food Systems Programme, kurz «SFS Program») unter dem Zehnjahresrahmenwerk der UNO zur Förderung nachhaltiger Konsum- und Produktionsmuster (engl. 10 Year Framework of Programs 10YFP) lanciert werden. Die weltweit über 700 Mitglieder des 10YFP sind seit 2018 als One Planet Network bekannt.

Was ist ein nachhaltiges Ernährungssystem?

Das Programm für nachhaltige Ernährungssysteme basiert auf folgenden Definitionen des High Level Panel of Experts on Food Security and Nutrition (HLPE) des Welternährungskomitees (CFS):

«A food system gathers all the elements (environment, people, inputs, processes, infrastructures, institutions, etc.) and activities that relate to the production, processing, distribution, preparation and consumption of food and the outputs of these activities, including socio-economic and environmental outcomes».

«A sustainable food system (SFS) is a food system that delivers food security and nutrition for all in such a way that the economic, social and environmental bases to generate food security and nutrition for future generations are not compromised».

Das «SFS Program» hat zum Ziel, den Wandel hin zu nachhaltigeren Konsum- und Produktionsmustern entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu fördern. Dazu verfolgt es einen systemischen Ansatz, der auch darauf abzielt, die Akteure entlang der gesamten Nahrungsmittelkette aus dem Privatsektor, der Forschung, internationalen Organisationen, NGOs und Regierungsorganisationen mit einzubeziehen, damit diese Synergien bilden können. Das Programm richtet sich dabei bewusst sowohl an Industrie- wie auch Entwicklungsländer. Bei der Umsetzung sollen spezifische nationale und regionale Bedürfnisse berücksichtigt werden. Die thematischen Schwerpunkte des Programms beinhalten die Förderung nachhaltiger und ressourcenschonender Ernährung, die Reduktion von Nahrungsmittelabfällen (Food Waste) und die Stärkung der Resilienz in der Landwirtschaft.

Die Schweiz wurde am Kick-off-Anlass des «SFS Program» im Oktober 2015 zusammen mit Südafrika, Hivos und dem WWF in die Co-Leitung des SFS Program gewählt. Dieses hat weiter einen Steuerungsauschuss («Multi-stakeholder Advisory Committee», kurz MAC), der aus 23 Ländern und Institutionen verschiedener Stakeholder-Gruppen besteht. Die Schweiz und der WWF wurden im Juni 2019 für weitere vier Jahre in ihrer Rolle bestätigt. Südafrika und Hivos werden sich im Oktober 2019 zurückziehen. Wer diese in der Leitung des Programms ersetzen wird, wird ebenfalls im Oktober 2019 bestimmt.

Seit der Lancierung des Programms ist die Anzahl dessen Mitgliederorganisationen auf 175 weltweit angestiegen. Dazu zählen Länder wie Costa Rica, Frankreich, die Niederlande und die USA; internationale Organisationen wie FAO, UNEP, IFAD und der Global Crop Diversity Trust; Forschungsinstitute wie Bioversity International und die ETH; Unternehmen wie Nestlé und Barilla; und NGOs wie WWF und Biovision. Gemeinsam haben die Mitglieder des Programms acht sogenannte Kerninitiativen entwickelt, welche bisher unter anderem folgende Resultate aufzuweisen haben:

  • Ein Handbuch für Zwischenhändler, das darauf abzielt, Wertschöpfungsketten nachhaltiger zu gestalten.

  • Empfehlungen für wirkungsvolle Kriterien zum Schutz der Biodiversität in Standards für die Lebensmittelbranche und in Beschaffungsrichtlinien.

  • Entwicklung einer einheitlichen Methodologie («Food Waste Index») zur Messung der Nahrungsmittelverschwendung (SDG 12.3 der Agenda 2030).

Weiter haben die Mitglieder dem «SFS Programme» bisher 46 derer eigenen Forschungs- und Beratungsprojekte angegliedert. Auch diese haben bereits zu einer breiten Palette von Resultaten geführt, wie z.B. eine Smartphone App zur Förderung des nachhaltigen Umgangs mit Lebensmitteln und Reduktion von Nahrungsmittelverschwendung unter Jugendlichen, eine Plattform zum internationalen Wissensaustausch für die Verminderung von Nachernteverlusten im Rahmen eines DEZA-Projekts mit den drei Rom-basierten UNO-Agenturen, oder die Veröffentlichung der wissenschaftlichen Publikation «Sustainable Diets – Linking Food Systems and Nutrition».

Ein Höhepunkt des letzten Jahres für das «SFS Programme» war dessen 2. Globalkonferenz, welche vom 5. bis 7. Februar 2019 in Costa Rica unter dem Motto «Healthy Food for People and the Planet – together towards 2030» stattfand.

Good Food for People and the Planet – die 2. Globalkonferenz des SFS Programme, 5. – 7. Februar 2019

Die Konferenz brachte gegen 200 Teilnehmer aus der ganzen Welt zusammen, um über bessere Politiken, stärkere Partnerschaften sowie mehr Investitionen für nachhaltige Ernährungssysteme zu diskutieren. Als Co-Lead des SFS Programme spielte das BLW in der Organisation und Durchführung der Konferenz eine aktive Rolle. Bernard Lehmann engagierte sich als Podiumsteilnehmer sowie als Vorsitzender einer der Diskussionsrunden.
 

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Eines der Hauptziele der Konferenz war es, ein verstärktes politisches Engagement für die Gestaltung und Umsetzung von Förderungsmassnahmen auf allen Ebenen auszulösen. Konkret generierte die Konferenz insgesamt 14 hochrangige, freiwillige Engagementsvon teilnehmenden Organisationen, wie sie nachhaltigere Ernährungssysteme fördern wollen. Weiter definierte die Konferenz drei zentrale Bedürfnisse in Bezug auf nachhaltige Ernährungssysteme, sowie eine Reihe von prioritären Lösungsansätzen um diesen Bedürfnissen zu begegnen. So sollen beispielsweise Multi-Stakeholder Prozesse zur Stärkung kohärenter und holistischer Politiken im Bereich Ernährungssysteme gefördert werden. In diesem Zusammenhang hat die Schweiz den «Akteursdialog zu einem nachhaltigeren Ernährungssystem in der Schweiz» angekündigt.

Alle Selbstverpflichtungen wie auch die Bedürfnisse und Lösungsansätze sind im Abschlussdokument der Konferenz einsehbar. Ein kurzes Video der Konferenz gibt es hier.

Weiter wird im Rahmen des «SFS Programme» gegenwärtig eine sogenannte «SFS Toolbox» erarbeitet, welche zum Ziel hat, auf internationaler Ebene sektor- und akteursübergreifend ein gemeinsames Verständnis von nachhaltigen Ernährungssystemen zu stärken und holistische sowie kontextangepasste Lösungsansätze zu entwickeln und umzusetzen. Die erste Komponente dieser Toolbox wurde im Juni 2019 lanciert: Das «Collaborative Framework for Food Systems Transformation» – ein gemeinschaftlicher Rahmen für die Ernährungssystemtransformation, der Anleitungen für Multi-Stakeholder Politikprozesse auf nationaler und lokaler Ebene beinhaltet.

Mit all diesen Aktivitäten leistet das «SFS Programme» einen direkten Beitrag zur Umsetzung der UNO-Ziele für Nachhaltige Entwicklung (SDGs), international wie auch national.

Die notwendige Transition hin zu nachhaltigeren Ernährungssystemen ist auch zu einem wichtigen Thema in verschiedenen zwischenstaatlichen Prozessen geworden. So hat das Hochrangige Politische Forum über Nachhaltige Entwicklung (HLPF) im Juli 2018 eine Ministerdeklaration mit dem Aufruf an alle Stakeholder verabschiedet, einen holistischen Ansatz zur Förderung nachhaltiger Ernährungssysteme anzuwenden. Im Oktober 2018 begrüsste der FAO Landwirtschaftsausschuss (COAG) die Rolle der FAO im «SFS Programme» und rief zur engeren Zusammenarbeit mit anderen UN-Organisationen und Staaten zugunsten der Transition hin zu nachhaltigeren Ernährungssysteme auf. Die UNO-Umweltversammlung (UNEA) vom März 2019 behandelte «Ernährungssysteme» als Schwerpunktthema und verabschiedete eine Ministererklärung mit Bestimmungen zur Förderung nachhaltiger Ernährungssysteme, inklusive durch die verstärkte Verbreitung nachhaltiger und resilienter landwirtschaftlicher Praktiken. Die OECD führte ihr jährlich stattfindendes «Global Forum on Agriculture» zum Thema Ernährungssysteme durch. Und schliesslich hat die FAO Konferenz im Juni 2019 ihre Mitgliedstaaten dazu aufgefordert, die Transition hin zu nachhaltiger Landwirtschaft und nachhaltigen Ernährungssystemen anzugehen. In all diesen Prozessen spielte das BLW, auch dank seiner Führungsrolle im «SFS Programme», eine einflussreiche Rolle.

Patrick Mink, BLW, Fachbereich Internationales, Nachhaltige Entwicklung, Ernährungssysteme, patrick.mink@blw.admin.ch
Michaël Sapin, BLW, Fachbereich Internationale Angelegenheiten und Ernährungssicherheit, michael.sapin@blw.admin.ch

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