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Seit einer ersten Studie der Association suisse pour le service aux régions et communes (SEREC) im Jahr 2001 mit dem Titel «Sauvegarde des murs en pierres sèches et du vignoble en terrasses valaisan» (Erhalt der Trockenmauern und terrassierten Rebberge im Wallis), die im Auftrag des Landwirtschaftsamtes des Kanton Wallis durchgeführt wurde, konnten konkrete Massnahmen zur Erhaltung der Infrastruktur der Weinberge umgesetzt werden. Die Tatsache, dass die Kunst des Trockenmauerbaus kürzlich in die Liste des Immateriellen Kulturerbes der UNESCO aufgenommen wurde, und auch die laufenden Projekte sprechen für die eingeschlagene Richtung. Ohne die Unterstützung des Bundes, des Fonds Landschaft Schweiz und des Kantons sowie ohne die Einbindung lokaler Akteure (Winzer und Gemeinden) könnten diese Projekte nicht umgesetzt werden.

Die Walliser Terrassenweinberge stehen für den Stolz, die Leidenschaft und das Erbe der Walliser. Die charakteristischen Mauern werden seit dem 12. Jahrhundert von den Bauhandwerkern und den Winzern im Schweisse ihres Angesichts mit handwerklichem Geschick errichtet. Das fast 3000 Hektaren grosse Rebbaugebiet in Hanglage liefert dank seiner optimalen Südausrichtung eine Ernte von anerkannter Qualität. Das Mikroklima, das durch die Terrassen und ihre Mauern erzeugt wird, trägt zur perfekten Reifung der Trauben bei und ermöglicht die Herstellung von Weltklasseweinen. Die besonderen Merkmale dieses Rebbaugebietes, kennzeichnend für dieses «Terroir», garantieren eine grosse Vielfalt an Rebsorten.

Sorgfältige Pflege durch die Winzer notwendig

Diese aussergewöhnliche Konstellation hat jedoch ihren Preis: Der Erhalt und die Pflege stellen eine Herausforderung dar. Die Arbeit in den Terrassenweinbergen ist diffizil. Sie lässt sich kaum mechanisieren und die Reben benötigen die sorgfältige Pflege des Winzers, Pflanze um Pflanze. Die Arbeit wird sicherlich durch die Qualität der Jahrgänge belohnt, aber die Kosten für den Erhalt der Infrastruktur, insbesondere der Mauern, sind kaum tragbar.

Die Terrassenrebberge erfüllen Funktionen, die über das individuelle Interesse hinausgehen. Das Bild, das diese aussergewöhnliche Landschaft vermittelt, der Schutz gegen Naturgefahren, den die stabilisierten Hänge bieten, das Niederschlagswasser, das abgeleitet wird, der Erhalt der Biodiversität sowie die Bewahrung dieses seit dem 12. Jahrhundert bestehenden soziokulturellen Erbes zeigen, dass ein öffentliches Interesse an dieser Infrastruktur besteht. Nicht zuletzt wurde die Kunst des Trockenmauerbaus in die UNESCO-Liste der Immateriellen Kulturgüter aufgenommen.

Im Kanton Wallis werden zurzeit 10 Projekte umgesetzt, während 3 Projekte noch geprüft werden. Sie umfassen rund 900 Hektaren Reben mit einem geschätzten Arbeitsvolumen von insgesamt 100 Millionen Franken. Dieser Betrag beinhaltet Investitionen in verschiedene Rebberginfrastrukturen wie beispielsweise in Bewässerung, Verbesserung der Zufahrt und Entwässerung. Es wird in jedem Fall auf ein gemeinsames Vorgehen gesetzt. Die Projekte werden von Bodenverbesserungsgenossenschaften oder von öffentlichen Körperschaften getragen. Das Projektgebiet orientiert sich an den Gemeindegrenzen.
 

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Laufende Projekte


Die Bestandsaufnahme der Mauern soll einfach sein und sich auf die in Stand zu setzenden Gebiete konzentrieren. Der Zustand der Mauern wird erhoben, die betreffenden Eigentümer ausfindig gemacht, Offertanfragen für die anstehenden Arbeiten erstellt und die Bauarbeiten für die Sanierung der Bewässerungs-, Zufahrts- und/oder Entwässerungsinfrastrukturen koordiniert.

Die Beiträge werden pauschal entsprechend der Höhe der Mauern festgelegt. Für eine Höhe von weniger als 1,5 Metern belaufen sich die beitragsberechtigten Kosten auf600 Fr./m2 (ohne MwSt.) und für eine Höhe von mehr als 1,5 Metern auf deren 900 Fr./m2 (ohne MwSt.). Nach Abzug der Beiträge wird der betreffende Eigentümer durchschnittlich noch fast 200 Fr./m2 bis 300 Fr./m2 selber finanzieren müssen. Das Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW), der Kanton, die betreffenden Gemeinden und der Fonds Landschaft Schweiz können solche Beiträge sprechen.

Im November 2019 findet in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Verband der Trockensteinmaurer in Châteauneuf auf dem Gelände des Landwirtschaftsamtes des Kantons Wallis ein Tag der Trockenmauer statt. An diesem Anlass werden die realisierten Projekte gewürdigt und Themen rund um den Trockenmauerbau aufgegriffen.

Unwetter vom Januar 2018 – Zusammenhalt ist entscheidend

Im Januar 2018 verursachten zwei starke Unwetter zweimal grosse Schäden in den Walliser Terrassenweinbergen. In mehr als dreissig Gemeinden wurden Mauern und Zugangswege in Mitleidenschaft gezogen. Die Kosten für die Arbeiten wurden auf Bund, Kanton, Gemeinden und Eigentümer aufgeteilt.

Im März 2018 sprach der Grosse Rat des Kantons Wallis einen Rahmenkredit zur Beseitigung der Unwetterschäden an der landwirtschaftlichen Infrastruktur und an den Reben in der Höhe von 13,2 Millionen Franken.
 

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In der Region um Martigny und Martigny-Combe wurden Trockenmauern und Rebstöcke fortgerissen und grosse Erdmengen weggeschwemmt.


In der Region um Sion wurden rund 50 Mauern beschädigt, was einer Mauerfläche von insgesamt 1000 m2 entspricht. Die Gesamtkosten für die Schäden werden auf 1,6 Millionen Franken geschätzt. Die Gemeinde Sion, Trägerin des Wiederinstandstellungsprojekts, hat ein Ingenieurbüro (SD ingénierie) damit beauftragt, die nötigen Massnahmen und deren Kosten zu evaluieren.

In Martigny und Martigny-Combe sind ungefähr 700 m2 betroffen. Zwei Murgänge beschädigten beinahe 4000 m2 Rebfläche. Sarah Besse ist die Präsidentin der regionalen Genossenschaft, die sich für den Erhalt der Trockenmauern einsetzt. «Es war ein Glück, dass wir eine Genossenschaft für unsere Region hatten, als die Unwetter geschahen. So war es einfacher, mit dem kantonalen Amt für Strukturverbesserungen zu verhandeln», erklärt sie. Ein Vermessungsbüro, das seit der Gründung der Genossenschaft für diese Aufträge ausführt, erstellte einen detaillierten Schadensbericht, um das Ausmass des Schadens zu ermitteln und zu evaluieren, wie die beschädigten Mauern instand gestellt werden können. «Einige Personen versuchten, Entschädigungsgelder für Mauern zu erhalten, die bereits vor den Unwettern eingestürzt waren, und so mussten wir die Beitragsgesuche auf ihre Rechtfertigkeit prüfen», ergänzt sie. Für sie, wie für viele andere Walliser Weinbauern auch, sind die Trockenmauern ein zu schützendes Kulturerbe. Ihr Familienbetrieb beschäftigt jedes Jahr 8 Arbeiter, die darin ausgebildet sind, die Mauern in Stand zu halten. «Es ist wichtig, sich laufend um die Mauern zu kümmern. Seit Anfang der 2000er‑Jahre sind alle unsere Mauern aus Trockenstein. Alleine im Jahr 2018 haben wir 400 m2 Mauerwerk in Stand gesetzt, entweder wegen Unwetterschäden oder aufgrund ihres Alters.»
 

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Projektbeispiele, vor und nach den durchgeführten Arbeiten

Kulturerbe erhalten – mittels Sensibilisierung und Weiterbildung

Am 28. November 2018 wurde die Kunst des Trockenmauerbaus als immaterielles Kulturgut der UNESCO anerkannt. Griechenland, Zypern, Frankreich, Italien, Spanien, Kroatien, Slowenien, Bulgarien und die Schweiz waren an diesem Projekt beteiligt. Im Wallis wird der Erhalt dieses jahrhundertealten Erbes durch verschiedene Institutionen wie beispielsweise die Walliser Landwirtschaftsschule in Châteauneuf (Sion) und den Walliser Baumeisterverband gewährleistet. Seit 2004 bietet die Landwirtschaftsschule jedes Jahr eine Reihe von mehrtägigen Kursen zum Trockenmauerbau an. Die Teilnehmenden, ob Winzer oder sonstige Interessierte, lernen, wie solche Mauern gebaut und unterhalten werden. Diese Kurse sind Teil des europäischen HERCULE-Projektes zur Bewahrung dieses handwerklichen Wissens. Für Martin Lutz, Ingenieur-Agronom und Kursverantwortlicher, ist es wichtig, dass die jüngere Generation lernt, diese Mauern in Stand zu halten: «Ich denke, dass die Kurse an der Landwirtschaftsschule für die jungen Winzer und Weintechnologen wichtig ist, weil sie im Verlauf ihres Berufslebens oder sogar schon während ihrer Lehrzeit mit dieser Thematik konfrontiert sein werden. Dank vier intensiven Ausbildungstagen kann ich ihnen die theoretischen und technischen Aspekte vermitteln. Ich hoffe, sie dazu anregen zu können, diese Tradition, die eine Rückkehr zu ihren Wurzeln bedeutet, fortzuführen.»
 

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Ausbildungskurs in Châteauneuf. Martin Lutz zeigt vor Ort die richtige Technik, um eine Mauer zu bauen.


Im Jahr 2012 veröffentlichte der Walliser Weinmuseum das Buch «Murs de pierres, Murs de vignes» (éditions infolio). Dieses multidisziplinäre Werk belegt die Bedeutung dieses handwerklichen Wissens im Wallis und seine lange Geschichte. Der schweizerische Ingenieur- und Architektenverein (SIA) wird in Kürze ein neues Merkblatt zum Bau von Trockenmauerwerken und deren Instandhaltung publizieren.

Laurent Maret, Landwirtschaftsamt, Kanton Wallis, laurent.maret@admin.vs.ch
Anaïs Zufferey, Landwirtschaftsamt, Kanton Wallis, anais.zufferey@admin.vs.ch

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