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Mastitis ist bei Milchkühen eine weitverbreitete Erkrankung, welche durch verschiedene Keime hervorgerufen werden kann. Der häufigste pathogene Erreger, der für die meisten Mastitiserkrankungen beim Rind verantwortlich ist, ist Staphylococcus aureus. Verschiedene Genotypen von Staphylococcus aureus sind als Mastitiserreger bekannt, jedoch ist der Genotyp B aufgrund seiner leichten Übertragbarkeit auf andere Tiere besonders gefürchtet und einer der meistverbreiteten Genotypen. Mastitiserkrankungen verursachen einen hohen Antibiotikaeinsatz bei den betroffenen Betrieben, beeinflussen die Milchqualität und können zu hohen finanziellen Verlusten führen (130 Mio. Fr. pro Jahr, Heiniger et al. 2014). Damit stellen sie eine Bedrohung für die Milchviehhaltung und die Käseherstellung dar. Obschon der Erreger schweizweit bei den Milchkühen verbreitet ist, lassen sich regionale Unterschiede feststellen.

Im Rahmen des Ressourcenprogramms wurde 2017 im Kanton Tessin, einem von Staphylococcus aureus Genotyp B (SAGB) besonders betroffenen Kanton, ein Pilotprojekt zur Sanierung der von SAGB betroffenen Betriebe gestartet.

Das Tessiner Projekt

Die Wirkungsziele des Ressourcenprojekts sind die Reduktion des Antibiotikaverbrauchs, die Verbesserung der Milchqualität und die Minderung der Betriebskosten mittels eines Massnahmenprotokolls zur Ausmerzung von SAGB, der bei den Milchkühen im Kanton Tessin für die meisten Mastitisfälle verantwortlich ist. Dank der wissenschaftlichen Begleitung durch die Vetsuisse Fakultät der Universität Bern und Agroscope können wichtige Erkenntnisse im Zusammenhang mit den Antibiotikaresistenzen und den wirtschaftlichen Auswirkungen der Sanierung für die Milchbranche als Lernziel gewonnen werden. Es wird davon ausgegangen, dass nach einer Anfangsphase, in der aufgrund der Behandlung infizierter Tiere – die eine positive Heilungsaussicht zeigen – mit einer Erhöhung des Antibiotikaverbrauchs gerechnet werden muss, der Antibiotikaverbrauch mittel- bis langfristig reduziert werden kann. Neben der zusätzlich erwarteten Reduktion der Betriebskosten dank einer Senkung der Ausgaben für Tierarzt und Antibiotikabehandlungen sollte der grösste wirtschaftliche Nutzen in einer Erhöhung der Milchproduktion (erwartet wird ein mittlerer Anstieg von 300 kg Milch pro Jahr und Kuh) in den sanierten Betrieben sichtbar werden.

Die Milchwirtschaft im Kanton Tessin

Etwa 3500 Milchkühe sind auf etwa 200 Betriebe verteilt. Die Betriebe haben meist eine kleine und mittlere Grösse und befinden sich überwiegend im Berggebiet. Sömmerungsbetriebe und die damit verbundene Alpkäseproduktion spielen traditionellerweise eine sehr wichtige Rolle in der Struktur der Milchwirtschaft. Neben den Milchkühen aus Tessiner Betrieben werden jeden Sommer zusätzlich noch etwa 1000 Tiere aus anderen Kantonen auf den Alpen im Tessin gesömmert.

Erfahrungen: Was sagen die Tessiner Landwirte

Ein grosser Betrieb und seine Herausforderungen

Mit seinen über 70 Brownswiss gilt der Familienbetrieb Croce als einer der grossen Milchviehbetriebe. «Die Probleme mit SAGB traten mit der Vergrösserung des Betriebs auf», so der Betriebsleiter. Er vermutet, dass der Einkauf von Kühen von anderen Betrieben sowie die Sömmerung seiner Tiere auf drei verschiedenen Alpen, auf denen auch Kühe anderer Betriebe gesömmert wurden, mögliche Einschleppungsfaktoren für die Keime waren. «Mit dem Melkroboter ist die Situation noch schlimmer geworden, da dieser die Übertragung der Keime gefördert hat», berichtet der Betriebsleiter. Ein Problem, dass nur mittels Dampfdesinfektion unter Kontrolle gebracht werden konnte.

Bereits vor der Teilnahme am Sanierungsprojekt wurden einzelne Massnahmen ergriffen, die zu einem grossen Teil auf der Verabreichung von Antibiotika beruhten. «Als Vorbeugungsmassnahme hatte ich alle trockengestellten Kühe immer mit Antibiotika behandelt und versucht, auf eine gute Genetik (d. h. optimale Zitzenform und tiefe Zellzahl) hin zu züchten. Wenn es nötig war, wurden die kranken Tiere geschlachtet», so der Landwirt weiter. Trotzdem gab es immer wieder einige an Mastitis erkrankte Tiere im Stall. «Ich möchte langlebige und gesunde Kühe züchten. Es ist schade und ein Verlust, kranke Tiere immer zu schlachten». Aus diesen Argumenten heraus beteiligt sich der Betrieb am Projekt, trotz anfänglicher Zweifel über den Aufwand und Erfolg des Projekts. Im Nachhinein eine gute Entscheidung.

Seit Januar 2019 ist der Betrieb komplett saniert: «Ich bin zufrieden und hoffe, dass es so bleibt. Die Sanierung war aber ein langer Prozess, da sich bei einem grösseren Betrieb ständig Kühe in verschiedenen Stadien befinden und somit nie alle Tiere gleichzeitig getestet werden können. Mit 70 Kühen und dem Melkroboter ist die Milchprobensammlung eine besonders aufwändige Aufgabe», erklärt der Betriebsleiter. Während der zweijährigen Sanierung mussten zehn Kühe ohne Heilungsaussicht von seinem Betrieb geschlachtet werden, alle anderen konnten erfolgreich behandelt werden.

Besonders zufrieden zeigt sich der Landwirt mit den Auswirkungen der Sanierung auf die verschiedenen Bereiche. So ist «der Antibiotikaverbrauch jetzt tiefer, die Milchqualität dank der tieferen Zellzahl besser und die Milchleistung pro Kuh deutlich höher; Mastitis verursacht einen Produktionsausfall, deshalb ist die Sanierung auch wirtschaftlich sehr wichtig». Für den Betriebsleiter ist jetzt klar: «In Zukunft werde ich nur Tiere von sanierten Betrieben kaufen oder von Betrieben, die die Kuh getestet haben».


Eine schnelle und sehr erfolgreiche Sanierung

Eine besonders erfolgreiche Sanierung erfolgte auf dem Betrieb der Familie Corti. «In der Vergangenheit war auf meinem Betrieb Mastitis kein besonders grosses Problem», erinnert sich der Betriebsleiter. Geändert hat sich die Situation nach der Sömmerung 2017: «Ich hatte einige neue Tiere gekauft, diese haben vermutlich SAGB in meine Herde eingeschleppt», so die Vermutung des Landwirts. Von seinen 30 Kühen, die den Sommer auf der betriebseigenen Alp verbringen, waren am Anfang des Sanierungsprojekts 80 % SAGB-positiv. «Es war ein Schock, ich hatte nie etwas Ähnliches erlebt», äussert sich der Landwirt.

Vor dem Projektstart hatte er immer die kranken Tiere mit Antibiotika behandelt und mit einer separaten Ausrüstung gemolken. Zur Schlachtung eines an Mastitis erkrankten Tieres kam es bei ihm in der Vergangenheit nie. «Auf eine gute Melkhygiene hatte ich schon immer geachtet», erklärt er sich dies. Für die Teilnahme am Sanierungsprojekt hatte er sich schon angemeldet, bevor er von der hohen Anzahl kranker Tiere auf seinem Betrieb wusste, denn «ich hatte verstanden, dass es schlussendlich nur Vorteile geben kann» – damit behielt er recht.

In ca. 5 Monaten konnte die komplette Milchviehherde ohne einen einzigen Tierverlust saniert werden. Einen Grund dafür sieht der Betriebsleiter auch in der Umsetzung: «Ich habe mir Mühe gegeben, alle Massnahmen sauber umzusetzen», und das nicht ohne Schwierigkeiten, denn «die Gruppierung beim Melken war besonders anspruchsvoll». Seine Motivation und die präzise Durchführung haben ihm dabei geholfen: «Nie habe ich daran gedacht aufzugeben!», so der Landwirt. Seit der Sanierung seines Betriebs hat er noch keine neuen Tiere dazugekauft. Seine Meinung, nämlich, dass nur noch getestete Tiere zugekauft werden, ändert er nicht. Wie einfach sich dies in Zukunft gestalten wird, ist seiner Meinung nach aber noch offen: «Da ich hauptsächlich Fleckvieh halte, muss ich auch aus anderen Kantonen Tiere kaufen. Dort wird leider ungern getestet», so der Landwirt. Eine gerechtfertigte Aussage, da dies zu einer Wiedereinschleppung des Erregers führen könnte.

Die Auswirkungen des Sanierungsprojekts sieht der Landwirt, abgesehen von den Verlusten bei der Milch während der Antibiotikabehandlung im Verlaufe des Projekts, durchwegs positiv: «Die vollständige Sanierung hat mir neben der Gewährleistung des guten Betriebsrufs auch einen wirtschaftlichen Gewinn beschert», erläutert der Betriebsleiter. Er zieht eine positive Bilanz: «Das Sanierungsprojekt ist nicht nur für Betriebe mit vielen Mastitis-Fällen wichtig, alle Betriebe sollten die Massnahmen umsetzen, um die Verbreitung des SAGB möglichst früh zu unterbrechen».

Die Ergebnisse bis heute: eine Erfolgsgeschichte

Für den Projektstart wurde eine Teilnahme von mindestens 75 % der Milchviehzüchter im Kanton Tessin vorausgesetzt. Tatsächlich konnte zu Beginn des Projekts mit 86 % aller Tessiner Milchviehbetriebe in das Projekt gestartet werden. Am Anfang der Sanierungsphase im Dezember 2017 waren 35 % der Betriebe und 10 % der Milchkühe im Kanton Tessin SAGB-positiv. Nach nun gut 1,5 Jahren sind nahezu alle beteiligten Betriebe SAGB-frei (Mai 2019: 2 Kühe SAGB-positiv; vgl. Grafik).
 

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Als Prävalenz bezeichnet man die Häufigkeit von SAGB-positiven Betrieben bzw. Kühen in Bezug zu der Gesamtanzahl Betriebe bzw. Kühe.


Weitere Informationen zum Ressourcenprogramm und zum Sanierungsprojekt SAGB im Kanton Tessin sowie zu den Erkenntnissen des Forschungsprojekts von Agroscope:

Quelle:
Heiniger D., van den Borne B. H. P., Lechner I., Tschopp A., Strabel D., Steiner A., Meier H. (2014) Kosten-Nutzen-Analyse einer Intervention zur Verbesserung der Eutergesundheit in Schweizer Milchviehbetrieben, Schweizer Archiv für Tierheilkunde, 156:10, 473 – 481

Dennis Pisoni, BLW, Fachbereich Produktionssicherheit und Tierernährung, dennis.pisoni@blw.admin.ch
Sabine Vögeli, BLW, Fachbereich Produktionssicherheit und Tierernährung, sabine.voegeli@blw.admin.ch

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